Happy Sad Places – Interview mit Paul Hiller

Kurzprofil

Paul Hiller, geboren 1984 in Görlitz, lebt als Fotograf und Künstler in München. Er absolvierte zunächst eine Ausbildung zum Fotolaboranten und machte dann sein Diplom an der Akademie der Bildenden Künste München. Er arbeitet ausschließlich mit analogen Kameras auf Film. Die technischen Fähigkeiten, die mit der Erfassung des fotochemischen Entwicklungsprozesses verbunden sind und die vielseitige Kunst der Digitalisierung sind ebenfalls Teil seiner Arbeit. Paul Hillers Atelier befindet sich in München, aber seine Fotografien entstehen auf der ganzen Welt und werden international ausgestellt.

portrait of Paul Hiller.

7 FRAGEN AN PAUL HILLER

Kannst du uns ein bisschen darüber erzählen, wie du zur Fotografie gekommen bist?

Meine Leidenschaft für die Fotografie beginnt in der Schule auf dem Gymnasium. Hier hatte ich ein SW-Fotolabor zur Verfügung, dass ich immer sehr gerne benutzte. Nach meinem Abitur habe ich dann eine Ausbildung zum Fotomedienlaboranten in einem Fotolabor gemacht. In diesem Labor konnte ich mich neben meiner Arbeit auch in sämtlichen analogen und digitalen Techniken ausprobieren. Von Filmentwicklung (E-6, C-41, SW, SCALA) über Fotoabzüge (RA4, Lambda, Frontier, Giclée Druck) bis zum Kaschieren der fertigen Bilder für Ausstellungen, habe ich dort vieles gelernt. Auch der Austausch mit Fotografen und Künstlern, die dort Kunden waren, haben mich stark geprägt. So habe ich in diesem Labor auch meinen Professor kennengelernt, bei dem ich dann Freie Kunst / Neue Medien auf der Akademie der bildenden Künste studiert habe.

2014 habe ich dann mein Studium an der Akademie mit einem Diplom beendet und bin seitdem als Fotograf und Künstler unterwegs. Ich habe mein Atelier in München, wo ich auch lebe. Meine Fotos entstehen allerdings überall auf der Welt. Für mein Fotobuch “HappySad Souvenirs” bin ich zum Beispiel über einen Zeitraum von zwei Jahren durch viele Länder in Asien gereist (China, Japan, Taiwan, Vietnam, Singapur). Danach habe ich mich wieder etwas mehr auf Orte in Europa konzentriert: Frankreich, Portugal, Italien, Österreich und auch Deutschland. 2022 habe ich dann einen spannenden Roadtrip durch den Südwesten der USA unternommen. Meine letzte Fotoreise im März/April führte mich nach Südkorea.

colorful architecture photos with our design edition frame.

Foto: Paul Hiller

Bitte erzähle etwas über deine Bilder. Was ist dein besonderes Interesse? Wie wählst du die Farben, die Komposition, die Themen usw. aus? 

Ich interessiere mich für „künstliche Sehnsuchtsorte“ von Menschen – Dazu zähle ich konstruierte Orte, die die Aufgabe haben, den Alltag von Menschen positiv zu beeinflussen. Ganz deutlich ist dies z.B. in Vergnügungsparks. Es kann aber auch einfach nur eine pink angemalte U-Bahn-Station, oder der Picknickplatz in einem Nationalpark sein. Wichtig ist dabei für mich, dass der Ort durch seine Architektur und Farbigkeit eine Gewisse Absurdität ausstrahlt.

Meine Bilder entstehen mit einer analogen Hasselblad auf Film. Die Kamera hat ein quadratisches Bildformat und ich benutze fast ausschließlich 400er Negativ-film. Diese Kombination aus Kamera, Film und zusätzlich noch meine Art der Digitalisierung – mit einem sehr alten Filmscanner – ermöglichen mir eine ganz spezielle Ästhetik.

Ein weiteres Merkmal meiner Bilder ist, dass ich diese im Ausstellungskontext oft durch besondere Präsentationen hervorhebe. So zeige ich z. B. meine Vergnügungspark-Motive in farbigen Leuchtkästen, oder sogar in sich drehenden leuchtenden Würfeln.  Für eine Installation auf einer Verkehrsinsel in der Münchner Innenstadt habe ich auf einem Billboard hoch oben über den Köpfen der Leute eine 5x5 Meter große Fotografie einer Achterbahn gezeigt. Diese Form und Größe der Darstellung sollten einen ähnlich imposanten Eindruck erzielen, wie die Achterbahn im Vergnügungspark selbst.

rollercoaster in action with bright blue sky.

Foto: Paul Hiller

Woher kommt dieses Interesse? 

Das Interesse an meinen Motiven? Diese haben sich über die Jahre irgendwie von selbst ergeben. Ich Reise gern und möchte auch immer einen Teil davon mitnehmen. Die Suche nach meinen Motiven ermöglicht mir manchmal einen besonderen Blick auf diese Welt. 

Das Interesse an der Art wie ich fotografiere? Hier bin ich der Meinung, dass man mit einer alten analogen Filmkamera das Medium Fotografie am besten zelebrieren kann. Es ist etwas langsamer und manchmal auch frustrierend, wenn mal etwas nicht klappt. Dennoch fasziniert mich noch immer der analoge, fotochemische Prozess, der seinen ganz eigenen Look hat und mir dadurch meine visuelle Handschrift ermöglicht. 

Was inspiriert dich?

Mich inspirieren Pastellfarben: Im Himmel, an der Wand oder auf dem Papierkorb. Mich inspirieren aber auch comic-hafte Szenerien und absurde Architektur. Außerdem interessiert mich Melancholie an Orten, die Menschen glücklich machen sollen. Kann man sich in einem futuristischem Weltraumbahnhof eines Vergnügungsparks nostalgisch fühlen?

colorful trash cans in pink and blue with faces.

Foto: Paul Hiller

Wie lässt du dich inspirieren? Und was inspiriert dich am meisten? Filme, Bücher oder Zeitschriften? Oder was umgibt dich?

Ich habe eine große Sammlung an Fotobüchern von spannenden Künstlern.  Ich interessiere mich sehr für zeitgenössische Kunst und besuche viele Ausstellungen. Auch Filme und Serien geben mir visuelle Inspiration für meine Arbeit.  Zudem habe ich über meinen Instagram-Kanal ein großes Netzwerk an Künstlern und anderen Fotografen, mit denen ich mich austausche und zusammen Projekte umsetze. 

Ein wirklich spannendes Instagram-Projekt ist der Kanal @accidentallywesanderson. Hier wird das Thema Fotografie und Film verbunden und es haben sich viele Leute gefunden, die hier ihre Bilder präsentieren. Über dieses Projekt sind bereits Bücher und Ausstellungen auf der ganzen Welt entstanden. Die letzte Gruppenausstellung, bei der ich meine Bilder zu diesem Thema zeigen konnte, fand in Tokyo statt. Ein weiteres Projekt, das ich sehr empfehlen kann, ist www.subjectivelyobjective.com – eine Galerie und Verlag aus Detroit, die zeitgenössische Fotografie der ganzen Welt zusammenbringt und mit Ausstellungen und Fotobüchern eine Plattform bietet.

Was hast du für den Rest des Tages vor?

Neben meinem Beruf als Künstler arbeite ich noch freiberuflich als Fotograf und Bildbearbeiter. Heute muss ich noch einen Bildbearbeitungsjob fertigmachen und dann werde ich vielleicht noch einen spontanen Ausflug zum Oktoberfest machen...

Was sollten wir noch über dich wissen?

Paul Hiller, geboren 1984 in Görlitz, wohnt in München, Ausbildung zum Fotomedienlaborant, Diplom an der ADBK München, freiberuflicher Fotograf & Künstler, Mitglied im Berufsverband Bildender Künstler.

Instagram: @paulhiller | Künstlerbuch „HappySad Souvenirs“

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