Erweiterte Retusche Techniken: Ein Leitfaden für finale Perfektion
Von der WhiteWall-Expertin Katharina Wergen
Sollen Ihre Portraitaufnahmen in absoluter Perfektion glänzen, ist zumeist eine umfangreiche Retusche in der Nachbearbeitung notwendig. Selbst die besten Fotografen müssen hin und wieder auf Retusche-Techniken zurückgreifen, um das perfekte Bild zu erzielen. Im ersten Schritt der Bildbearbeitung entwickeln Sie dafür aus der RAW-Datei ein Bild. Durch Anpassen der Regler, wie Belichtung, Kontrast und Dynamik entsteht in der digitalen Dunkelkammer das Portrait.
1. Methoden der erweiterten Retusche
Bei der Retusche geht es darum, Hautunreinheiten zu entfernen, Licht und Schatten zu modellieren und andere Optimierungen für eine perfekte Portraitwirkung. Dabei greifen professionelle Fotografen zu fortgeschrittenen Methoden wie Frequenztrennung, Dodge and Burn und feiner Haarretusche. All das sind kraftvolle Werkzeuge, die eine makellose Qualität für Ihr Portraitbild sicherstellen. Wir stellen Ihnen diese Tools mit ihrer Wirkung einmal vor.
1.1 Frequenztrennung

Bei der Frequenztrennung wird das Bild in zwei Ebenen aufgeteilt. Hautton und Farben werden in den niedrigen Frequenzen, feine Details wie Poren und Haare in den hohen Frequenzen bearbeitet. Auf diese Art können Sie Unreinheiten bearbeiten, ohne die natürliche Textur der Haut zu gefährden.
Durch die meist weichere Optik der Portraits durch die Hautretusche lohnt sich auch ein anschließender Druck auf Leinwand. Der feine, glatt gewebte Stoff gibt eine dezent strukturierte, glänzende Oberfläche, wodurch die Bildwirkung durch die Stofftextur lebendiger und natürlicher wird.
Die Ausführung in Photoshop
Zunächst müssen Sie zwei Kopien Ihres Bildes erstellen. Betiteln Sie diese am besten unterschiedlich, wie „Farbe“ und „Details“ oder „High“ und „Low“. Auf der niederen Frequenzebene wenden Sie einen „Rauschfilter“ an, nämlich „Helligkeit interpolieren“. Die Haut wird weichgezeichnet, aber die Kanten bleiben gut erhalten. Auf dieser Ebene passen Sie auch die Farbe an. Mit dem Reparaturpinsel können Sie Schatten, zum Beispiel unter den Augen, aufhellen, glänzende Stellen abdunkeln oder die Lippenpartie anpassen.
In der „Details“-Ebene wählen Sie „Bild“, „Bildberechnung“ und wählen die Ebene „Farbe“. Wichtig: Der Haken bei „Umkehren“ muss gesetzt sein. Es entsteht eine graue Ebene, die nur Details enthält. Zur besseren Ansicht können Sie eine temporäre Tonwertkorrektur erstellen und den Kontrast in die Mitte ziehen. Mit dem „Kopierstempel“ können Sie nun allen Unreinheiten, Fältchen und großen Poren zu Leibe rücken. Wichtig dabei ist, in kleinen Schritten vorzugehen. Nutzen Sie einen kleinen Radius, nehmen Sie nur Flächen aus der direkten Nähe und wählen Sie möglichst viele unterschiedliche Musterstellen. Ansonsten wirkt das Bild schnell unecht.
Anwendungsgebiet der Frequenztrennung
Der Arbeitsablauf ist mit großem Aufwand verbunden. Sie erhalten kein „Ein-Klick-Ergebnis“. Das Ziel ist es, ein perfektes Bild abzuliefern. Bei einem Hochzeitsportrait zum Beispiel haben Sie keine Gelegenheit für einen zweiten Versuch. Das Ergebnis der Retusche mit Frequenztrennung ist ein natürliches, detailreiches und perfektes Bild.
1.2 Dodge and Burn

Hierbei handelt es sich um eine Technik, die noch aus der Zeit der Dunkelkammer stammt. Mithilfe von Löschpapier, Schablonen und zusätzlichen Lampen wurden dafür manche Bereiche eines Bildes stärker abgedunkelt – nachbelichtet (burn), oder aufgehellt – abgewedelt (dodge). Ziel der Technik ist es, dreidimensionale Strukturen und die Tiefe einzelner Bereiche des Bildes hervorzuheben. Der Effekt ist filmreif und betont in natürlicher Weise die Konturen. Die häufigsten und damit ersten Anwendungsbereiche sind das Aufhellen von Augen oder das Abdunkeln der Ecken, um eine Vignette zu erschaffen.
Viele moderne Bildbearbeitungsprogramme verfügen heutzutage über spezielle Werkzeuge für diese Technik. Ob Sie mit einem Werkzeug in Ihrer Maske arbeiten, mehrere Ebenen erstellen oder Ihr Programm eine Funktion hat, die einen einzelnen Bereich auswählt – viele Wege führen zum Ziel. Der entscheidende Punkt hierbei ist die filigrane Anwendung der Technik. Wie in der Dunkelkammer ist auch digital zu viel des Guten nicht nützlich. Sie erkennen diese Fehler in einem Bild durch einen Schleiereffekt, oft als Halo bezeichnet. Wird nicht sauber gearbeitet, oder versagt die automatische Maske, wird mehr aufgehellt, als Sie wollen.
Dodge and Burn: Drei Programme, drei Ansätze
Adobe Photoshop
Photoshop bietet die Möglichkeit, mit Ebenen zu arbeiten. So sind Ihre Änderungen nicht destruktiv für das Originalbild. Erstellen Sie eine neue Ebene und füllen Sie diese zu 50 Prozent grau. Den Mischmodus stellen Sie auf „Ineinanderkopieren“. Malen Sie nun auf dieser Eben mit Weiß, hellen Sie diesen Bereich auf, malen Sie mit Schwarz, dunkeln Sie ihn ab.
Adobe Lightroom
In Lightroom ist es ein weiterer Schritt nach der normalen Entwicklung des Bildes. Außerdem sind dann alle lokalen Anpassungen für das gesamte Bild bereits als Grundlage abgeschlossen. Die Werkzeuge für diese lokalen Anpassungen sind beispielsweise der radiale und der lineare Verlauf.
Besonders bei Landschaftsaufnahmen ist ein Verlauf oft schon die beste Lösung, den Vordergrund aufzuhellen. Noch feiner und gezielter gelingen die Anpassungen dann über die Pinsel. Egal, ob Pinsel oder Filter: einmal gesetzt lassen sich damit in der Region die Belichtung, genauso wie beispielsweise Lichter und Schatten oder Farbtöne verändern.
Für die Präsentation Ihrer Landschaft empfehlen wir den Foto-Abzug auf Alu-Dibond, der durch eine langlebige UV-Schutzfolie garantiert, dass Sie über Jahre Freude an Ihrem Werk haben werden.
DxO Photolab
DxO Photolab besitzt für diese Technik ein Werkzeug namens UPoint. Hier können Sie einen flexiblen Radius um ein Objekt setzen und diesen unabhängig vom Gesamtbild bearbeiten. Sowohl Aufhellen, Abdunkeln als auch Belichten oder Einfärben sind innerhalb dieses Bereichs möglich. Die Übergänge lassen sich fließend anpassen, aber es maskiert kein Objekt exakt.
Ob Objekte im Vordergrund oder Konturen eines Gesichts - mit Dodge and Burn können Sie sehr subtil Details verstärken, Tiefe generieren und ein stilechtes Lichtspiel erschaffen. Auch hier ist das Ergebnis für ein Bild oder eine kleine Serie anzuwenden, nicht aber als Standardschritt in Ihrem Workflow.
1.3 Haar-Retusche

Ein Problem, vor dem jeder Fotografierende mit nahezu jeder Art von Model steht, sind Haare. Egal, ob Sie Männer, Frauen oder Tiere fotografieren, ob Sie Amateur oder Profi sind, ob Sie lieber draußen oder im Studio arbeiten - niemand ist vor dem Eigenleben der Haare gefeit.
Nun gibt es zwei Szenarien, die im Zusammenhang mit Haaren in der Nachbearbeitung denkbar sind. Erstens, Sie wollen fliegende Haare entfernen, oder zweitens, es darf mehr Volumen sein.
Zum Entfernen können Sie in Photoshop beispielsweise wieder den Klonpinsel und weitere Ebenen benutzen, um auffallend abstehende Haare verschwinden zu lassen.
Eine andere Methode ist in dem Adobe-Programm das „Verflüssigen“-Werkzeug. Hier haben Sie ein sehr mächtiges Werkzeug in den Händen, dass Ihnen die Möglichkeit gibt, Ihr Bild massiv zu verändern. In kleinen und bedächtigen Schritten und vorsichtig angewandt können Sie Haare damit aber etwas voluminöser gestalten oder an ihr Modell herandrücken.
1.4 Beauty-Retusche

Ein paar Details, die gerade bei Portraitfotografie von beiden Seiten – Fotograf und Model – geschätzt werden, sind Augen und Zähne. Für diese beiden Fälle der „echten“ Beauty-Retusche gibt es aber vernünftige Gründe. Vergessen Sie nie, dass Sie aus Ihrem Bild das Beste machen wollen. Sie haben sich beim Setting und bei der Erstellung Ihrer Bilder Mühe gegeben, die Nachbearbeitung nach bestem Wissen gemeistert und nun ist Ihr Portrait fast fertig. Für Augenringe und dunkle Zähne gibt es viele Gründe – doch auf einem Foto liegt es tatsächlich auch am Licht.
Zähne aufhellen
Für natürlich aussehende Zähne, wie wir sie im Licht sehen, genügt eine leichte Aufhellung mit einem weichen weißen Pinsel. Das bringt den ursprünglichen Weißton hervor, der nur unter perfekter Ausleuchtung im Studio hätte eingefangen werden können.
Augen nachschärfen
Die Augen sollten bei einem Portrait in der Regel ohnehin der schärfste Punkt sein. Diese betonen können Sie durch ein zusätzliches Nachschärfen und Aufhellen dieses Bereichs. Einige Programme bieten zudem eine Vergrößerung der Augen oder der Iris an - aber da sollten Sie vorsichtig umgehen; das Portrait kann schnell unnatürlich wirken, da gerade die Augen auch der Blickpunkt sind. Für rote Äderchen oder trübes Augenweiß bringt der weiche Pinsel auch hier Linderung.
Augenringe entfernen
Augenringe können Sie wie bei Dodge and Burn beschrieben aufhellen - und somit aus dem Bild entfernen. Natürlich mit bedacht und vorsichtig.
Retusche mit KI
Einige Programme, die mit umfangreicher KI arbeiten, greifen Ihnen bei der Beauty-Retusche schon heute kräftig unter die Arme. Im Programm Radiant Photo gibt es beispielsweise einen speziellen Bereich, der sich nur mit der Retusche befasst. Hier erkennt das Programm die Augen der Person, die als Ankerpunkte dienen. Mit diesen arbeitet das Programm dann, um zielgerichtet Zähne aufzuhellen, Lippen zu betonen oder auch Augenringe zu entfernen.
2. Ist das Kunst oder kann das weg? Hinzufügen oder Entfernen von Elementen
Fotografen wollen zumeist ein perfektes Bild. Kompromisse sind ein leidiges Übel. Es kann der Platz sein, der einfach nicht menschenleer werden will, die Leitung, die zu tief im Bild hängt, um den Ausschnitt zu verkleinern oder der Teil einer alten Tempelwand, der nicht so gut erhalten ist, wie die gegenüberliegende Seite. Sind Sie der Meinung, dass die Aussage Ihres Bildes durch das Vorhandensein oder das Fehlen eines Elements nicht so ausfällt wie gewünscht, ist das heutzutage aber kein Problem mehr.
Moderne Bildbearbeitungsprogramme geben Ihnen auch hierfür eine Menge Werkzeuge an die Hand, um hier in der Retusche eingreifen und nach-optimieren zu können.

Anhand praktischer Beispiele werden wir die unterschiedlichen Möglichkeiten etwas genauer beleuchten. Dabei geht es nicht so sehr um definierte Arbeitsabläufe, sondern darum Ihnen aufzuzeigen, was mit der Bildbearbeitung in der Retusche möglich ist.
Beispiel: Graffiti entfernen
Ihnen gelingt ein wunderschönes Foto an einer Uferszene. Sie haben Ihr Modell im Profil und im Hintergrund verschwimmt die Stadt in Unschärfe. Bei der Bearbeitung erst fallen Ihnen die Graffitis an einem Brückenpfeiler auf.
Sie können das Klonen-Werkzeug, über das nahezu jedes Bearbeitungsprogramm in irgendeiner Art und Weise verfügt, nutzen, um den Pfeiler davon zu befreien. Wahlweise bieten Programme auch Möglichkeiten an, den Bereich anhand der restlichen Bilddaten zu analysieren und generativ zu füllen.
Oder Sie zaubern aus dem Hintergrund eine verträumte Unschärfe, die Ihnen nur mit einer viel offeneren Blende gelungen wäre. Der Hintergrund wird deutlich unschärfer, das Störende verschwindet.
Beispiel: Mülleimer entfernen
Andersherum kann es sein, dass Sie zur perfekten Lichtsituation an einem idealen Spot sind, um eine Stadtszene abzulichten. Die Stimmung passt, die Belichtung und die Schärfe sitzen, nur leider ist im linken Bildteil ein kleiner, leuchtend roter Mülleimer zu sehen, den Sie erst im Nachhinein entdecken. Durch die Signalfarbe fällt er leider stark auf und stört die Bildwirkung. Hier lässt sich in der Nachbearbeitung per Klon- oder Entfernen-Werkzeug einfach Abhilfe schaffen.
Keiner dieser Schritte macht aus einem schlechten Bild eine perfekte Aufnahme. Vielmehr stehen diese Werkzeuge an Ihrer Seite, um die Perfektion Ihres Bildes zu veredeln. Die Entscheidung, wie viel Sie digital in das Bild eingreifen wollen, bleibt Ihnen überlassen.
3. Fazit: Die Retusche als Werkzeug

Wie Sie sehen, sind erweiterte Retusche-Techniken ein mächtiges Werkzeug in der Fotografie, das Ihnen hilft, Ihre Bilder auf ein professionelles Niveau zu heben. Durch die Anwendung von Techniken wie der Frequenztrennung, Dodge and Burn, Haar- und Augenretusche und das Hinzufügen oder Entfernen von Elementen können Sie sicherstellen, dass Ihre Portraits nicht nur technisch perfekt, sondern auch ästhetisch ansprechend sind. In der Landschafts-, Street- oder Architekturfotografie hilft die Retusche, störende Elemente zu entfernen.
Besonders für eine kleine Bildserie oder besondere Aufnahmen kann Perfektion gefragt sein, die eine gekonnte Portraitretusche in das finale Bild bringt. Beim Brautportrait, das groß gedruckt werden soll oder einem Auftragsshooting für ein Magazin-Cover zum Beispiel. Seien Sie sich des Aufwands immer bewusst, wenn Sie umfangreiche Retusche-Methoden anbieten oder in Ihren Arbeitsablauf fest integrieren wollen.
Nutzen Sie diese Techniken, um Ihre Kunden mit beeindruckenden Ergebnissen zu begeistern oder sich selbst bei der Erstellung eines hochwertigen Drucks eine lebenslange Freude zu machen.
Erfahren Sie mehr über die Autorin
Als ausgebildete Portrait- und Hochzeitsfotografin bringt Katharina Wergen ihr umfangreiches Wissen in die Fotografie ein. Seit 2018 ist sie bei WhiteWall im Unternehmen als Sales Consultant tätig und unterstützt Ausstellungsprojekte für Museen und Galerien. Zudem fokussiert sie sich verstärkt auf die Reportagefotografie. Werfen Sie einen Blick hinter die Kulissen der Fotografin, hier im Interview.

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